- Sonntag, 6. Oktober
Bild: Heute geht es nach Süden. In Afula geht Orna von Bord, da sie uns in die Westbanks nicht begleiten darf. Sie sagt, dass es schön ist mit uns, aber auch anstrengend, weshalb sie jetzt etwas Abstand braucht. Und wir sind gespannt. Kurz vor der nordpalästinensischen Stadt Jenin steigen an einem der 34 Übergänge der neu errichteten Grenzanlage zwei Herren ein: Achmed stellt sich als Guide vor, sein Begleiter (ein Dr. A., der wohl der Chef des Reiseunternehmens ist) verteilt Landkarten und einen Prospekt über Jenin. Ab jetzt beginnt die verrückte Reise durch Area A, B oder C, durch Checkpoints, unterschiedliche Straßen, auf denen nur Israelis oder Palästinenser fahren dürfen - ich habe es bis heute nicht kapiert.
Zone A: volle palästinensische Kontrolle über Ziviles und Sicherung (3%),
Zone B: volle palästinensische Kontrolle über Ziviles, Sicherheitskontrolle erfolgt israelisch-palästinensisch (27%) und
Zone C: volle israelische Kontrolle über alles (70%). Da die Verbindungsstraßen eigentlich immer im C-Gebiet liegen, muss man ständig Checkpoints passieren.
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Bild: Achmed hat in Köln studiert und ist Dr. der Sozialwissenshaft und ..? Er hat einen deutschen Pass, muss sich aber an manchen Checkpoints verstecken, da man ihm sonst den Pass abnehmen könnte. Er hat zweimal mit Annkathrin, unserer Studentin, den Platz gewechselt und auch sein Nachfolger hat dieses Spielchen veranstaltet. Das mit den einzelnen Zonen ist hoffentlich auch im Internet nachlesbar, da ich keine Lust zum Widerkauen habe. Jenin ist jedenfalls Area A und unter autonomer palästinensischer Verwaltung. Auf der Fahrt bis Nablus erzählt Ahmed viel über diese verschiedenen Zonen. Auch zeigt er die auf den Bergen illegal errichteten israelischen Siedlungen. Das mit diesen Zonen geht so weit, dass gewisse Straßen einfach gesperrt werden und man große Umwege fahren muss, um ans Ziel zu gelangen. Das Land ist Wüste. Unten leben die Beduinen und oben die Israelis in illegal erbauten Häusern. Nichts erinnert an das Land, wo Milch und Honig fließt. Achmed berichtet auch von Fabriken, die die Israelis im Palästinensergebiet errichten, da sie auf israelischem Gebiet nicht erlaubt wären.
Bild: Nach Nablus, der Wirtschaftsmetropole des Landes, ist nicht weit, aber unter den gegebenen Umständen sind wir erst am Mittag da. In der Stadt ging es zu als wären alle 100.000 Einwohner auf einmal im Zentrum. Allerdings klappte der Geldwechsel hier schnell und unproblematisch im Gegensatz zu unsern Versuchen in Israel. Entweder war dort noch nicht geöffnet oder schon geschlossen oder Shabbes. Da immer ein paar Leute ein Mittagessen benötigen, machte man Pause im Al Yasmeen Hotel. Ich saß mit einigen in einem Nebenraum beim Kaffee und versuchte mir hinterher die Zeit zu vertreiben. Da das Hotel aber direkt an den Basar grenzt, der sich in alle Richtungen ergießt, war mir ein Alleingang doch zu gefährlich. Ich kenne meinen Orientierungssinn und vor dem Essen war bereits ein Mitreisender in diesem Labyrinth verloren gegangen. Die gefühlten 2 Stunden Mittagspause haben nicht nur mich geärgert, aber bei Arabern scheinen die Uhren anders zu gehen. Übrigens gehen sie wirklich anders als in Israel: es ist eine Stunde früher, was fortan für sehr viel Verwirrung sorgte.
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Bild: Nachdem alle satt und wir wieder vollzählig waren, ging es wieder durch den Basar durch die Stadt, wo überall freundliche Menschen waren, zum Bürgermeister. Alles war vorbereitet: der Bürgermeister thronte unter einem Bild von Arafat und Mahmud Abbas zwischen Achmed als Dolmetscher und Dr. A. Für uns stand an jedem Platz eine Flasche Wasser mit Glas, dann kamen lautlos Männer mit Tabletts voll köstlicher Süßigkeiten (mehrmals) und dann auch mit gutem arabischen Kaffee oder Tee. Und auch neue Wasserflaschen wurden gereicht. Erzählt wird von allen das gleiche. Nach diesem Erlebnis bot man uns eines der besonderen Art. Nablus liegt eingebettet zwischen Bergen und wir fuhren in Serpentinen eine Straße hoch, wo ich sehr gern fotografiert hätte. Ziel der Reise war das hoch interessante Samaritaner-Center. Der Berg Garizim bei Nablus ist für sie der heiligste Ort. Es gibt weltweit nicht mehr viele Samaritaner. Sie leben völlig isoliert, haben ihren eigenen Tempel, ihre eigenen Riten und ihre eigene Tracht. Es ist eine eigene Religionsgemeinschaft. In Nablus sind ca. 300, die in ihrem eigenen Laden auch Alkohol verkaufen. Das gesamte Gelände hat allen sehr gut gefallen. Ein schöner Abschluss vor der Weiterfahrt nach Bethlehem. Dort wohnen wir im Mount David Hotel, wo es Karten und Briefmarken gibt und ich eine gute Aussicht aus dem Hotelzimmer habe.
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- Montag, 7. Oktober
Bild: Die Verwirrung beginnt bereits mit dem Aufstehen. Wecken war für 6.30 Uhr angesagt. Dass ich für die paar Tage nicht die Uhr umstelle ist klar, aber im Handy hatte ich die richtige Zeit. Was geschieht? Das Telefon klingelt um 5.30 Uhr. Große Panik. Da mein Zimmer dem Lift gegenüber liegt, renne ich bei jedem, der dort ankommt an die Tür. Die Auskünfte sind unterschiedlich. Schließlich glaube ich einem vertrauen Erweckenden und gehe zum Frühstück. Ätsch. Unser lieber Fahrer hat sich in den Weckdienst eingemischt und alle um 5.30 Uhr wecken lassen. Von da an gab es ständig Rückfragen wegen israelischer oder palästinensischer Zeit. Zum Schluss waren sogar der Guide und PB durcheinander.
Die Fahrt zur Konrad Adenauer Stiftung führt vorbei an Mauern und über einen Checkpoint, wo ich verbotenerweise fotografiere. Diese "Schokoküsse" auf den Dächern sind übrigens Wasserspeicher, da die Israelis nur zweimal die Woche Wasser liefern.
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Bild: Das Gespräch mit Dr. Hans Maria Heyn von der KAS in Ramallah war sehr eindrucksvoll. Es war gut, all die Probleme mal von einer anderen Seite zu hören, besonders die der drei unterschiedlichen Zonen. In der anschließenden Diskussion konnte er auch alle Fragen sehr gut beantworten. Die KAS arbeitet intensiv mit den anderen deutschen Stiftung zusammen, ebenso wie mit der KAS in Tel Aviv. An diesen Besuch schloss sich ein Spaziergang durch die Stadt an. In Palästina merkt man, dass man in Asien ist, was man in Israel manchmal vergisst, da die Städte dort doch ziemlich westlich angehaucht sind. Wir gerieten an einem Platz, der mich sehr an unseren Neubrunnenplatz mit seinen Löwen erinnerte, in eine Demonstration. Frauen plädierten lautstark für ein freies Palästina. Sie verteilten Rosen und Spruchbänder. Man weiß in solchen Situationen ja leider nie, was übersetzt wird. Aber angeblich waren das Frauen, deren Männer in Gefängnissen sitzen ohne zu wissen warum.
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Die nächste Station war das Flüchtlingslager Al-Amari, wo uns der grimmig aussehende Vice-Chairman begrüßte und uns einiges über das Lager erzählte. Wenn man die Bilder betrachtet, benötigt man keinen Kommentar. Wir haben uns kurz vorgestellt, dass man das Lager vorn und hinten zumacht.....Seit 1948 leben hier Menschen, die damals aus Israel vertrieben wurden oder geflohen sind. Am Eingangstor ist ein großer Schlüssel zu sehen, d.h. dass viele noch an eine Rückkehr glauben. Das Lager ist mitten in der Stadt und nur durch die enge Bebauung zu erkennen. Es wird von der UN verwaltet. Unglaublich. Wir konnten einige Kinder fotografieren, ehe sie von den Eltern ins Haus geholt wurden.
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Bild: Diese Stätte verlässt man gerne zur Weiterfahrt nach Jericho. Dass es dort zu einer größeren Diskussion kommt, war nicht vorhersehbar. Etliche von uns hat nur geärgert, dass sich PB von den Arabern über den Tisch hat ziehen lassen. Das Besichtigungsprogramm Siedlungshügel und Panoramablick war nur komplett buchbar mit Seilbahnfahrt und Mittagessen, was von 2/3 der Beteiligten abgelehnt wurde. Und so ist der größte Teil der Gruppe in die Stadt gepilgert, die allerdings ziemlich weit entfernt war. Unterwegs war ein hübsches Gartenlokal, wo es allerlei Gutes zu essen gab. Auf dem Rückweg konnte ich endlich meine geliebten Flamboyants fotografieren, wenn sie auch nicht mehr so voll in Blüte waren.
Nachdem wieder alles zusammen war, wollten wir noch einen Spaziergang durch die Stadt machen. Achmed drängte allerdings bald zum Aufbruch, da unser Fahrer nach Hause müsse. Erst später haben wir erfahren, dass der Fahrer kein Essen bekam, da zu wenige das Mittagsessen eingenommen haben. No comment. Bei der Fahrt ins Hotel erfahren wir, dass Achmed ausgetauscht wird (!?) Keiner weiß warum. Im Hotel, wo Achmed verabschiedet wird, wartet bereits Jakob, unser neuer Guide und ich stelle so nebenbei fest, dass in der Lobby die Uhr israelische Zeit zeigt. Auf meine Frage, wieso, sagt man mir, das wäre für die Touristen!! Übrigens sind neben dem Hotel Geschäftchen, die die allerkitschigsten Krippen anbieten, die ich je gesehen habe.
An diesem Abend habe ich köstliches Lammfleisch gegessen und mir Trauben mit aufs Zimmer genommen.
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