3 Tage wandern in den Bergen
In der Nacht hat es geregnet, so dass heute morgen alles im Nebel liegt. Beim Frühstück fragen wir Dung mal wieder wie das jetzt mit dem Gepäck bei der 3-Tageswanderung geregelt wird. Nachdem die Antworten bisher zwischen "natürlich wird es transportiert" und "ich trage das" variierten, weicht er aus und verschiebt die Entscheidung auf die Aussage einer Frau, die das alles regelt. Schon in Deutschland war es nicht zu klären wie das mit dem Gepäck ist. Wir haben uns vorsichtshalber wasserfeste, kleine Säcke gekauft, die wir notfalls für die wenigen Sachen, die wir dringend brauchen, nutzen können.
Unterwegs kaufen wir an einem Strassenmarkt Reis. Der wird in eine Bambusstange geschüttet, an beiden Enden mit Palmblättern verschlossen und dann gekocht. Der Reis kann tagelang darin aufbewahrt werden. Super Idee.
Ohne weitere Stopps geht es bis Mai Chau durch, das schön in einem Talkessel liegt. Gegen Mittag kommen wir dort an, nehmen bei der Mai Chau Lodge unseren Local Guide mit auf. Da die Frau, die für die Koordination zuständig ist, auch da ist, könnte Dung die Chance nutzen um mit ihr das Gepäck anzuschauen. K.+O. haben nämlich riesige Taschen. Aber Dung sagt uns, dass alles Gepäck zu den einzelnen Unterkünften transportiert wird. Zu diesen Dörfern gibt es keine Straßen. Allerdings sehen wir immer wieder Erstaunliches auf den Mopeds. Wir setzen uns mit Frau Vogel, so heisst unser Local Guide übersetzt, in ein Longtailboot und fahren etwa 15 Minuten auf dem Fluss. Leider macht das keinen Spass weil es regnet. Dann steigen wir in einem Dorf an einem Steilhang, der auch als Müllhalde dient, aus. Hier gibt es von Frau Vogel ein Picknick.
Während wir essen kommt ein Anruf, dass nun doch nicht alle Gepäckstücke transportiert werden können, weil sie zu groß seien. Wir sind jetzt echt sauer, weil wir ja unsere Sachen in die kleinen Packsäcke hätten umpacken können. K+O haben aber Gott sei Dank in ihrem zweiten Rucksack alles verstaut was transportiert werden muß und nur deshalb können unsere beiden Taschen mitgenommen werden.
Wir laufen die angeblich nur 8 km lange Strecke in ewig langer Zeit. Dung ist nicht besonders gut zu Fuß. Als er meint, es sei noch etwa 1km dauert es noch fast 1,5Std., aber das kennen wir ja schon von ihm. Wir passieren mehrere Dörfer und es ist schwülwarm und daher nicht ganz einfach.
Nicht weit vor Sonnenuntergang kommen wir im ersten Homestay an. Unser Gepäck ist da! Zwei junge Männer habe es auf ihren Mopeds transportiert. Ein kühles Bier, eine Dusche und die Welt sieht wieder ganz anders aus. Bad und WC sind OK auch wenn es nicht so sauber aussieht. Wie gut, dass unsere Badelatschen und Schlafsackinlays angekommen sind. Im ersten Stock im Schlafsaal bereiten die Besitzer dieses Hauses uns ein karges Bett. Die Matratzen liegen direkt auf dem Bambusboden und sind sehr dünn. Das wird hart, im wahrsten Sinne. Das Haus ist ein typisches Stelzenhaus. Im offenen "Erdgeschoss" wird gearbeitet, Vieh gehalten und wir essen dort auch. Im "1.Stock" gibt es nur ein Zimmer. Hier wird nachts geschlafen und tagsüber ist es das Wohn- und Esszimmer. Der Boden besteht aus mehreren tragenden Balken auf denen die gespaltenen Bambusstangen liegen - fertig. Einfach und bewährt. In einem angrenzenden Haus ist im 1.Stock die Küche untergebracht. Oftmals ist die auch noch im Wohn-/Essbereich integriert. Frau Vogel hat eine Ausbildung als Local Guide. Sie wird uns auch bekochen, und zwar so, dass auch Europäer überleben können. Es gibt Gemüse, Salat, Fleisch und Reis. Alles wirklich schön zubereitet und gut. Elke holt sich später noch eine Unterlage, es ist schon sehr hart. Die Matratzen sind wahrscheinlich mit Palmblättern gefüllt. Das Schlafen ist demnach wieder nicht gut. Interessant ist aber noch, dass offensichtlich das ganze Dorf zur selben Zeit ins Bett geht. Irgendwann, recht früh, ist alles ruhig, dafür sind um 5 Uhr meist alle wieder wach.
Wecker braucht man hier keinen. Erst kommt der Hahn und danach der Parteifunktionär, der über Lautsprecher um 6 Uhr den Tagesappell verkündet. Dung erklärt uns die heutige Parole: Kein Feuer machen im Wald und kein Holz schlagen, dass einem nicht gehört. Das dauert etwa 5 Minuten und muss natürlich morgens um 6 sein, die Sonne geht gerade mal auf. Danach gibt es Frühstück. Apfelpfannkuchen, Apfelschnitz und eine Banane für jeden. Dazu 4 Gläser Kaffee und 4 Gläser Tee. Die Gläser sehen nicht so sauber aus und K. verzichtet auf warme Getränke. Das Wetter ist toll. Blauer Himmel, aber feucht und warm. Zum fotografieren aber gut.
Am Anfang der Wanderung geht es steil bergauf. Weil es nachts etwas genieselt hat ist der Weg sehr rutschig. Es ist recht anstrengend, aber auch wunderschön. Der Weg geht über Bäche, durch Dörfer, Urwald und Reisplantagen. Ich schwitze wie noch nie. Selbst Elke hat Schweißflecken am T-Shirt - das heißt was. Wieder müssen wir oft auf die Anderen warten. Das sind alle keine großen Wanderer. Darauf angesprochen sagen sie, dass wir die falsche Reise gebucht hätten, wenn wir schneller gehen wollen. Die Reise war als Trekkingreise beschrieben! Dung mit seinen wahrscheinlich mehr als 60 Jahren ist aber am langsamsten. Das hat er sich auch anders vorgestellt. Gegen Mittag sind wir bei einer Familie im Haus und genießen das von Frau Vogel getragene Essen. Sie hätte ja mal was sagen können. Für 15km brauchen wir 8 Stunden - satter Schnitt. Aber die Landschaft ist traumhaft.
Um 17Uhr kommen wir im Mongdorf an. Dies liegt in einem Talkessel und soll eines der schönsten Dörfer hier sein. Viel später hätte es nicht werden dürfen, um 18Uhr ist es duster. Der Hausherr schnitzt gerade, oder auch schon länger, Essstäbchen aus einem Bambus. Das geht rasend schnell. Aus den Resten schnitzt er dann auch noch Zahnstocher - einer wie der andere. Das Material und die handwerklichen Fähigkeiten sind beachtlich. Nach einer äußerst nötigen Dusche und einem leckeren Essen mit Hanoibier geht es uns besser. Nur das K.+O. die mühsam geschnitzten Eßstäbchen einfach einstecken finden wir nicht toll. Der Hausherr hätte sich sicher gefreut wenn man sie ihm für wenig Geld abgekauft hätte, wahrscheinlich hätte er sie ihnen sogar geschenkt, wenn sie gefragt hätten. Diesmal legen wir uns gleich 2 Matratzen übereinander. Lange hören wir noch Gesangs- und Tanzproben zum morgigen Fest. 82 Jahre besteht dieses Dorf schon und zusätzlich wird der Tag der Freundschaft der verschiedenen Ethnien gefeiert. Das werden wir morgen überall sehen. Außerdem bellen alle Hunde gleichzeitig, der Fernseher läuft, Frau Vogel telefoniert mit ihren Töchtern und ein Schwein quikt (wurde kastriert, wie wir am nächsten Tag mitbekommen). Also idyllisch ruhig.
Selbst 2 Matratzen übereinander reichen nicht, die sind aber auch zu dünn. Diese Nacht hat es etwas abgekühlt. Es sind aber immer noch über 20°C nachts. Morgens gibt es Nudeln mit Fleisch und etwas Gemüse. Heute laufen wir zurück nach Mai Chau. Die Landschaft ist unbeschreiblich schön, Urwald mit Farnen, später dann Dörfer und Reisterrassen. Immer werden wir von den Leuten gegrüßt. Oft sehen wir sie nicht, weil sie im Dickicht arbeiten, aber sie rufen uns laut zu. Ab und an werden wir von Trägerinnen überholt. Sie tragen unglaubliche Lasten, haben nur Flipflops an, sind aber schneller und trittsicherer als wir. Manchmal sehen wir Leute auf dem Feld mit sehr primitiven Werkzeugen arbeiten, aber gleichzeitig mit dem Handy telefonieren. Es ist schon sehr krass. Handy und SAT-Schüssel, aber kein Traktor oder elektrische Reismühle. Manchmal sogar noch nicht mal eine mechanische Reismühle oder Dreschmaschine. Am Ende der Wanderung sollten wir eigentlich mit Mopeds zum Bus gebracht werden. Da hatte ich mich drauf gefreut. Fällt ersatzlos aus.
Nam fährt uns dann sehr lange über extrem schlechte Straßen nach Mai Chau. Komisch, bei nur 30 gelaufenen Kilometern, aber es liegen wohl mehrere Berge und Flüße dazwischen. Es geht erst noch in ein Weberdorf, wo wir Frau Vogel und die Mopedfahrer verabschieden und zu Mittag essen. Nachmittags haben wir frei. Die MaiChau Lodge ist nach den letzten Tagen der pure Luxus. Hier stimmt einfach alles, Begrüßung mit Zimttee und nassen Tüchern zum Erfrischen. Wir duschen ausgiebig und geben etwas Wäsche zum waschen weg. Dann gehen wir in die Stadt. Wir sehen Kinder, die das Fadenspiel und mit Murmeln spielen. Wie bei uns auch! Es gibt einen großen überdachten Markt wo wir Wasser kaufen und an einem Straßenstand Bananen. Zufällig kommen wir am Fest-/Sportplatz vorbei. Es gibt ein Fußballmatch mit mehreren Parteien. Gerade läuft das Endspiel und es geht hoch her. Aus dem Druckkammerlautspecher dröhnt der Parteifunktionär und die Mannschaften werden lautstark angefeuert. Wir haben kaum die Kameras draußen fällt das alles entscheidende Tor und plötzlich tobt der Bär auf dem Platz. Da ist was los!
Im Hotel zurück ist die Wäsche fertig und die Hotelleitung hat frisches Obst hingestellt. Ich sags ja - Luxus pur, regelrecht dekadent. Auch wenn der Preis für ein Glas Wein exorbitant hoch ist, 140000Dong (fast 6€), muss das heute sein. Wir freuen uns auf weiche Betten. Hier gibt es Free-Internet im Lesesaal. Es gibt zwei Rechner, die beide etwas schwierig zu handhaben sind. Wir schaffen es dann aber doch eine Sammelmail zu verschicken. Postkarten wird es erst wieder in Luang Prabang geben.